Reuss GmbH, Wäscherei, Textilpflege, Mietberufskleidug - Vorbildliche Logistik in der Wäscherei 2016
Wäscherei Ruess, Wolfsburg
Mit smarter Technik zur Top-Performance
Bei der Wolfsburger Wäscherei Ruess stehen alle Zeichen auf Wachstum. Erst im vergangenen Jahr hat Henrik Rueß, der das Unternehmen in dritter Generation führt, viele Millionen Euro in eine neue Maschinenhalle für die Sparte Hotel- und Gastronomietextilien investiert. Sämtliche Logistikprozesse wurden gemeinsam mit der Firma Kannegiesser nach dem Modell der "smarten" Wäscherei neu geordnet. Das hat nicht nur die Effizienz des Betriebs deutlich erhöht, sondern auch die Umweltbilanz.
Als erstes fallen die Monitore auf, die über vielen Arbeitsplätzen in der neuen Halle hängen. Manche zeigen Soll- und Ist-Werte, andere zackige Kurven oder Diagramme mit grünen, blauen oder gelben Balken. Für den ungeübten Blick ist die Bedeutung schwer zu erkennen. Doch Henrik Rueß sieht sofort: „Alles ist in bester Ordnung“. Er zeigt auf einen Monitor seitlich der Eingabemaschinen. „An dieser Zahl hier lässt sich zum Beispiel ablesen, dass die Arbeitsauslastung aktuell bei 107 Prozent liegt, also sieben Prozent über dem Soll“, sagt er. „Mehr geht fast nicht.“
Die Monitore sind das sichtbarste Zeichen eines innovativen Logistikkonzepts, das mit dem Neubau der Wäscherei umgesetzt wurde und bei dem alle Maschinen über modernste Steuerungstechnik miteinander vernetzt sind. Die Informationen über die zu bearbeitenden Textilien werden dabei von Arbeitsstation zu Arbeitsstation weitergegeben, wobei der Datentransport parallel zum Wäschetransport über moderne Hängebahnanlagen erfolgt. Ein neuartiges Betriebsdatenerfassungssystem sammelt automatisch sämtliche Informationen zu den Textilien sowie zur Performance der Maschinen und führt diese in einer zentralen Datenbank zusammen wo sie gespeichert und ausgewertet werden. „Bei Bedarf können sich die Servicetechniker von Kannegiesser zur Fernwartung oder Prozessoptimierung sogar in das System einwählen und Änderungen vornehmen“, berichtet Henrik Rueß. „Ob und wann wir das zulassen, entscheiden wir aber selbst.“
Großer Vorteil des neuen Systems: Die Visualisierung sämtlicher betrieblicher Prozesse ermög-licht eine sehr genaue Postenverfolgung. Um es zu demonstrieren, öffnet Rueß das Betriebsschema auf einem Monitor. Er klickt auf einen stilisierten Wäschesack, der sich auf dem Bildschirm an exakt der gleichen Stelle befindet wie in der realen Wäscherei. Ein Bildschirmfenster öffnet sich und sämtliche verfügbaren Daten über den Posten – Artikelbezeichnung, Farbe und Design – werden angezeigt. „Dadurch lassen sich Anfragen von Endkunden zu geplanten Auslieferungsdaten jederzeit schnell und präzise beantworten“, preist Rueß einen der Vorteile des Systems.
Voraussetzung für die Umsetzung des Logistik-konzepts war eine wesentliche Veränderung im Wäschereiprozess: Die artikelbezogene Sortierung der Schmutzwäsche. „Früher haben wir die Wäsche so gewaschen, wie sie reinkam nach dem Motto: First in first out“, berichtet Ruess-Geschäftsfeldleiter Hotel und Gastronomie Daniel Simon. „Doch das brachte einige Probleme mit sich.“ Da die Bestellungen der Kunden nicht parallel zu den Artikeleingängen verliefen, wurden oft zu viele Artikel gewaschen, die gerade nicht gebraucht wurden und zu wenig von jenen, für die es eine große Nachfrage gab. Die Folge sei gewesen, dass erstens die Maschinen nicht optimal ausgelastet waren und zweitens – noch bedeutsamer –, dass das Lager nicht immer adäquat auf die Bestellungen reagieren konnte. „Wenn man den Kunden nicht sofort das liefern kann, was sie benötigen, führt das auf Dauer zu Problemen“, so Simon.
Deswegen gibt es in der neuen Halle nun einen Schmutzwäsche-Sortierstand, an dem die einkommende Poolwäsche artikelbezogen vorsortiert wird. Er erinnert ein wenig an ein Kofferband am Flughafen. In der Mitte befinden sich mehrere trichterförmige Öffnungen, ringsherum verläuft ein langes Förderband. Von einem speziellen Wäschewagenkippgerät fällt die Wäsche direkt auf das Band, von wo aus sie dann durch Mitarbeiterinnen in die jeweilige Öffnung sortiert wird. Monitore über der Station zeigen an, welcher Artikel in welche Öffnung gehört. Im Zuge der Sortierung werden die Artikel automatisch auf Postengröße gewogen und dann über einen Vorsortierspeicher unter der Hallendecke weiter zur Waschstraße befördert. Aus der Menge der Posten lässt sich zugleich die Stückzahl der Artikel errechnen, die in der Wäscherei aktuell im Umlauf sind.
Ein wesentlicher Vorteil der artikelbezogenen Wäsche liegt in der besseren Produktionsplanung. „Statt nur zu reagieren, können wir jetzt agieren, können Aufträge bündeln und viel gezielter produzieren“, erklärt Simon. „Wir können die Bestelldaten direkt ins System einpflegen, wo sie automatisch mit dem Lagerbestand abgeglichen werden. Sobald wir feststellen, dass sich die Lager für bestimmte Artikel leeren, fangen wir an zu produzieren.“ Ziel ist, den Lagerbestand möglichst konstant zu halten, den Waschprozess zu verstetigen und dadurch Maschinenstillstandszeiten und die damit verbundenen Rüstkosten zu minimieren.
Durch die smarte Logistik kann die Wäscherei aber nicht nur stetiger und effizienter produzieren. Die Prozessoptimierung hat auch zu einer deutlichen Verbesserung der Energiebilanz und beim Ressourcenverbrauch geführt. Im Zuge des Hallenbaus wurde ein besonderes Konzept für die effiziente und nachhaltige Ressourcennutzung umgesetzt, das im „Wettbewerb Ressourceneffizienz 2016“ der Regionalen Energie Agentur Braunschweig-Wolfsburg sogar mit dem 1. Platz geehrt wurde. Unter anderem wird neuerdings das Pressenwasser der Weißwäsche gefiltert und für das Vorspülen anderer Textilien verwendet. Damit verringert sich der Wasserverbrauch, und es wird weniger Energie benötigt, um das Wasser aufzuheizen. Weitere Einsparung bringt der Einsatz von Sparventilen und Wärmetauschern, und auch die Umstellung des Waschverfahrens von Waschpulver auf flüssige Einzelkomponenten ist ein Beitrag zur Ressourcenschonung.
„Durch die Maßnahmen sparen wir jährlich knapp 15.000 Kubikmeter Wasser und 144.000 Kubikmeter Gas und damit insgesamt über 280 Tonnen CO² pro Jahr ein“, berichtet Henrik Rueß. Einsparungen, die für weiteres Wachstum genutzt werden sollen. Durch den Hallen-Neubau hat sich die Kapazität der Wäscherei bei der Poolwäsche bereits verdoppelt. Doch Rueß hat noch weitere Pläne: „Zum einen haben wir in der neuen Halle noch viel Platz für zusätzliche Maschinen, zum anderen haben wir neben der Halle noch ein Grundstück gekauft“, erzählt er. Dass auf der Wiese schon bald ein weiterer Hallenbau mit Zukunftstechnik entsteht, kann sich der Vollblutunternehmer gut vorstellen.
Über die Wäscherei Ruess
Seit 1950 gibt es den Familienbetrieb, den Henrik Rueß in dritter Generation führt. Aus dem Kleinbetrieb von einst, der ausschließlich Privatwäsche behandelte, ist längst ein mittelständisches Hightech-Unternehmen geworden. In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Belegschaft nahezu verdreifacht auf aktuell rund 180 Mitarbeiter. Täglich wäscht und reinigt die Wäscherei im Zweischichtbetrieb rund 20 Tonnen Textilien für rund 1.000 Kunden in ganz Niedersachsen: Mietwäsche für Tisch, Bett und Bad in der Hotellerie und Gastronomie werden hier ebenso mit modernster Anlagentechnik bearbeitet wie Berufs- und Schutzbekleidung und Arbeitsanzüge. Seit fünf Jahren wachsen das Angebot und die Nachfrage für Mietwäsche in der Hotellerie und Gastronomie sehr erfolgreich. Deswegen hat Ruess 2015 auf dem firmeneigenen Gelände am Heinenkamp in Wolfsburg eine zusätzliche, knapp 3.000 Quadratmeter große Produktionshalle errichtet samt Waschstraße, sieben Trocknern, zwei Sackanlagen und drei Mangeln mitsamt Eingabesystemen.
Vorbildliche Logistik in der Wäscherei des Jahres 2016