01.06.2021

Nachhaltigkeit und Innovation vereint

WRP: Herr Wolf, Herr Krattinger: Herzlichen Glückwunsch, ganz aktuell hat die Firma hawo den German Innovation Award 2021 für Organix tex überreicht bekommen.

Christian Wolf: Vielen Dank. Schon über die Nominierung für den German Innovation Award 2021 haben wir uns sehr gefreut, weil wir unser neues nachhaltiges Verpackungskonzept Organix tex erst im Spätherbst 2020 veröffentlicht haben. Jetzt sind wir mit dem Preis ausgezeichnet worden, das ist natürlich großartig. Für uns ist dieser Award auch der Beweis, dass wir mit unserem Grundsatz, Nachhaltigkeit und Innovation zu vereinen, auf dem richtigen Weg sind.

WRP: Warum hat ein in seiner Tradition klassischer Maschinenhersteller ein nachhaltiges Verpackungskonzept entwickelt ?

Wolf: Wir entwickeln und produzieren seit vielen Jahren Verpackungsmaschinen für unterschiedliche Branchen, auch für Textilreinigungen, Wäschereien, Textilservice, für die Bekleidungsindustrie und Hotels. Auch schon seit Jahren wird in der Öffentlichkeit über Umweltfolgen diskutiert, die durch Plastikmüll entstehen. Das Problem mit Plastik ist bekanntlich, dass es sich erst nach Jahrzehnten allmählich in seine Bestandteile auflöst. Schon heute sind die Folgen durch Plastikmüll in der Umwelt massiv.

Wenn ich geschäftlich unterwegs bin und in Hotels übernachte, passiert es häufiger, dass ich Anzüge zur Pflege abgebe. Nach dem Reinigen werden die Anzüge oft in Plastikfolie verpackt zurückgeliefert, um sie vor Nässe und Schmutz zu schützen. Bevor die Anzüge wieder beim Gast auf dem Hotelzimmer landen, wird die Folie wieder abgenommen, direkt entsorgt und anschließend vielleicht wieder einem Recyclingprozess zugeführt. Dennoch wandert mehr als die Hälfte der eingesammelten Verpackungen in die Müllverbrennung. Für uns ist das eine wenig befriedigende Lösung.

Die Firma hawo hat sich schon immer mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigt. Deshalb fingen wir an, uns im Markt nach Alternativen zur traditionellen Verpackungsfolie aus Polyethylen umzuschauen. Uns schwebte eine Lösung vor, die genauso gut funktioniert wie eine herkömmliche Folie, aber dies leisten sollte, ohne die Umwelt zu belasten. Weil wir für diese Anforderungen nichts Passendes fanden, kam der Entschluss, selbst ein umweltfreundliches Verpackungskonzept zu entwickeln und ins Portfolio von hawo aufzunehmen. Das Resultat ist Organix tex.

Wolfram Krattinger: Organix tex war am Anfang eine Vision. Heute ist diese Lösung Realität, die im betrieblichen Alltag der Textilpflegedienstleister allen Aufgaben zu 100 Prozent gerecht wird.

WRP: Was zeichnet Organix tex aus ?

Krattinger: Hauptrohstoff von Organix tex ist die Schale der Kartoffel. Daraus wird ein Granulat gewonnen. Dieses Bio-Granulat wird im folgenden Prozess genauso weiterverarbeitet wie eine konventionelle Folie. Für diesen Schritt wird Sonnenenergie eingesetzt. So wird bei der Herstellung von Organix tex die CO₂-Neutralität gewahrt. Das Ergebnis ist ein umweltgerechtes Verpackungsmaterial, das zu 100 Prozent plastikfrei ist aus weichmacherfreien, thermoplastischem Bio-Granulat, zu 100 Prozent im Heimkompost kompostierbar und zu 100 Prozent hygienisch und langlebig schützend ist.

WRP: Ist Organix tex von den Funktionalitäten genauso wie eine konventionelle Verpackungsfolie aus Polyethylen ?

Wolf: Absolut. Organix tex erfüllt mindestens alle Anforderungen, die an eine traditionelle Verpackungsfolie aus Kunststoff gestellt werden. Sie schützt, ist sehr reißfest, absolut wasserdicht, geruchsneutral und hygienisch.

Krattinger: Organix tex ist sogar besser als traditionelle Verpackungsfolie. Mit Polyethylen-Folie gibt es beispielsweise das Problem mit elektro­statischer Aufladung. Diese Aufladung sorgt dafür, dass beim Überziehen der Polyethylen-Folie über das Kleidungsstück ein Klebeeffekt auftritt. Das beeinträchtigt natürlich stark das Handling mit der Folie. Mit Organix tex gibt es keine elek­trostatische Aufladung.

Wolf: Viele Kunden loben auch die samtweiche wertige Haptik. Das Material zersetzt sich nicht im Kleiderschrank. Manchmal gibt es diese Befürchtung von Kunden, weil die Folie kompostierbar ist. Mit Organix tex verpackte Teile können also auch jahrelang im Schrank aufbewahrt werden. Und unsere Lösung hat keinen Eigengeruch.

Wenn eine Verpackungsmaschine Organix tex schweißt, entstehen keine Dämpfe. Diese sind typisch, wenn Polyethylen-Folie verarbeitet wird. Viele Betriebe setzen deshalb aufwändige Absaugvorrichtungen ein, um Mitarbeiter vor diesen Dämpfen zu schützen. Mit Organix tex ist auch das nicht notwendig.

Krattinger: Die Materialstärke von Organix tex als Schlauchfolie liegt bei 13 µ. Selbst bei Halbschlauchfolie für Winkelschweißgeräte – auch diese ist in der ORGANIX-Qualität lieferbar – bleiben wir bei dieser Stärke. Eine konventionelle Polyethylen-Folie reißt in dieser Materialstärke schnell ein. Das bedeutet, dass bei dieser Polyethylen-Folie mehr Material eingesetzt werden muss, um eine vergleichbare Reißfestigkeit zu erreichen. Und das ist natürlich relevant, wenn es um den Rohstoffeinsatz für Folien geht.

WRP: Warum setzt die Firma hawo auf die eigene Lösung Organix tex und nicht auf biobasierte Folien, die mittlerweile massenhaft angeboten werden ?

Wolf: Wir sind den biobasierten Folien mit Organix tex mehrere Schritte voraus. Bio-Folie klingt toll, es ist aber keine normierte oder geschützte Bezeichnung. Sie hat sich umgangssprachlich als Sammelbegriff für Folien etabliert, die umweltfreundliche Eigenschaften besitzen sollen. Aber biobasiert darf auch dann so heißen, wenn lediglich kleine Anteile nachwachsender Rohstoffe verwendet werden. Hier wird „Bio“ suggeriert, aber am Ende ist es gar kein „Bio“.

Krattinger: Für die Herstellung von Bio-Folien werden häufig Sojabohnen, Mais oder Zuckerrohr eingesetzt, die in gewaltigen Monokulturen in Südamerika angebaut werden. Für diese Flächen wurden und werden riesige Waldareale gerodet – auch hier ist Bio-Folie unter dem Aspekt Nachhaltigkeit betrachtet zumindest ziemlich fragwürdig. Und dieser Rohstoff – Stichwort CO₂-Bilanz – muss um die halbe Welt transportiert werden. Für uns war schnell klar, das ist der falsche Ansatz. Unser Rohstoff ist deshalb die Kartoffelschale, die als Abfallprodukt lokal ohne lange Transportwege in großen Mengen verfügbar ist.

WRP: Die Textilpflegebranche ist durch die Pandemie arg gebeutelt. Warum hat hawo die neue Lösung zum Ende letzten Jahres präsentiert ?

Wolf: Ursprünglich sollte die Weltpremiere für Organix tex auf der Texcare International in Frankfurt am Main stattfinden. Bekanntlich ist die Messe aufgrund der Pandemie bereits zweimal verschoben worden und aktuell für Ende November dieses Jahres terminiert. So lange wollten wir jetzt nicht mehr warten. Unsere Perspektive war Ende letzten Jahres, dass dieser Markt dieses Produkt jetzt benötigt. Also haben wir zum Ende 2020 angefangen, Organix tex zu vermarkten.

Diese Entscheidung wurde auch getroffen, weil viele Betriebe in der Textilpflegebranche in Folge der Pandemie jetzt versuchen, sich neu auszurichten. Viele Firmen haben auch erkannt, dass die im Wettbewerb sich permanent abwärts drehende Preisspirale in eine Sackgasse führt beziehungsweise geführt hat. Deshalb versuchen viele eine strategische Neuausrichtung. Und hier ist Nachhaltigkeit ein zentraler Ansatz: angefangen mit energieeffizienten Bearbeitungsprozessen, neuen nachhaltigen Angeboten und Services im Sortiment bis hin zur umweltgerechten Verpackung. Und diese nachhaltige Verpackung ist die sichtbarste und beste Botschaft der Textilreinigungen, Wäschereien und des Textilservices an die Kunden, das für ihren Dienstleister Nachhaltigkeit ein wichtiger Grundsatz ist. Diese nachhaltigen Betriebe werden in Zukunft erfolgreich sein. Nachhaltigkeit, Umwelt, Ökologie etc. rücken immer weiter in den Fokus der Gesellschaft. In vielen Ländern der Welt werden Einweg-Kunststoffartikel bereits stark eingeschränkt und sollen bald auch schon komplett verboten werden.

WRP: Wo kann Organix tex eingesetzt werden ?

Wolf: Unser nachhaltiges Verpackungs­material kann überall da, wo Bekleidung und Wäsche verpackt wird eingesetzt werden. Wir haben Kunden, die damit Obergarderobe verpacken, andere setzen Organix tex im Onlinehandel ein oder um Flachwäsche in Hotels oder Kreuzfahtschiffen zu schützen. Auch das passt natürlich ausgezeichnet in ein hoteleigenes Nachhaltigkeitskonzept.

WRP: Welche Anforderungen an die Maschinentechnik stellt Organix tex ?

Wolf: Organix tex lässt sich mit allen gängigen Maschinen genauso verarbeiten wie eine konventionelle Verpackungsfolie. Unsere Lösung ist auch kompatibel mit Packautomaten und Vollautomaten beispielsweise von Sankosha. Wir haben hier umfassende Tests unternommen. Unter anderem musste bei den Vollautomaten auch nicht der Takt heruntergefahren werden, weil es zunächst Befürchtungen gab, dass beim Anfahren Organix tex reißen könnte. Das hat immer perfekt funktioniert.

Krattinger: Eine der ersten Fragen hinsichtlich Organix tex lautet oft: Kann ich meine alte Verpackungsmaschine zusammen mit dem neuen Material einsetzen ? Ich habe vor kurzem einen Kunden besucht, der eine über 30 Jahre alte Maschine von hawo noch tagtäglich im Einsatz hat. Wir bieten für diese Geräte einen Umbausatz an, um damit auch unsere neue Folie verarbeiten zu können. Unter anderem sind in dem Set neue verschleißfreie Siegelstempel enthalten. Diese werden getauscht, das kann der Anwender auch selbst erledigen. Mit der modifizierten Maschine wird Organix tex nicht mehr abgetrennt, sondern abgeschweißt. So bleibt auch kein Abfall übrig. Ein weiterer Pluspunkt von Organix tex: Für unser neues Verpackungskonzept ist also keine komplett neue Technik oder ein neuer Schweißkopf notwendig

WRP: Die Pandemie hat das öffentliche Bewusstsein für das Thema Hygiene geschärft. Hat im Zuge dessen die Bedeutung der Verpackung wieder zugenommen ?

Wolf: Wir hören beispielsweise aus den Textilreinigungen und Wäschereien, dass ihre Kunden ihre Oberbekleidung wieder verpackt haben möchten. Es gibt einfach eine hohe Sensibilität bezüglich Hygiene. Und eine Verpackung bedeutet für viele eine höhere Sicherheit. Vor Corona wurde das Thema Verpackung und ihre Folgen für die Umwelt viel kontroverser diskutiert. Das ist mit dem Start der Pandemie deutlich anders.

WRP: Sie haben erwähnt, dass aus ihrer Perspektive Nachhaltigkeit in der Branche weiter an Bedeutung gewinnen wird. Wie hält es die Firma hawo mit diesem Thema ?

Wolf: Schon immer hat das Thema Nachhaltigkeit eine elementare Rolle in unserem Familienunternehmen gespielt. Seit Firmengründung war es unser Anspruch, nachhaltige Produkte im Sinne von langlebiger Technik zu entwickeln und zu produzieren. Auch im Kaufkultur-Zeitalter von „Geiz ist geil“ hat die Firma hawo immer auf eine sehr hohe Qualität ihrer Produkte geachtet. Es war die richtige Strategie. Viele Kunden sind wieder zurückgekommen, nachdem sie negative Erfahrungen mit zwar preiswerter aber qualitativ mangelhafter Technik gemacht haben.

Krattinger: Unsere Produkte sollen beständig sein. Natürlich freuen wir uns über jeden Auftrag und jede Maschine, die wir produzieren können. Aber die Herstellung jeder Maschine bedeutet den Einsatz von Rohstoffen, Energie usw. Deshalb sollte Technik auch viele Jahre verlässlich eingesetzt werden können.

Wolf: Natürlich ist das Thema Nachhaltigkeit in unserer Firma im Laufe der Jahre immer weiterentwickelt worden. Heute haben wir bei hawo ein Nachhaltigkeitskonzept integriert, das auf vier Säulen basiert. Die Säule Greentek bedeutet ein konsequent ressourcenschonendes Design und Engineering unserer Produkte. Concept Zero gibt uns vor, dass wir bis Ende 2022 in unseren beiden Standorten auch selbst weitestgehend plastikfrei arbeiten wollen. Beginnend mit plastikfreien Verpackungsalternativen in unserer Logistik wird dies nach und nach in allen Abteilungen umgesetzt.

Eine weitere Säule in diesem Konzept stellt unser ORGANIX Verbrauchsmaterial dar. Schließlich unser Plan-E. Mit diesem Mobilitätskonzept tragen wir selbst aktiv zur Reduzierung unseres CO₂ Fußabdruckes bei – angefangen bei der Produktion unseres eigenen Solar-Stromes bis hin zu damit betriebenen E-Fahrzeugen und E-Lastenrädern für den innerbetrieblichen Transport.

Wir sind mit ca. 80 Mitarbeitern an unseren beiden Standorten in Obrigheim und Mosbach ein relativ kleines Unternehmen. Auch deshalb sind wir schon ein bisschen stolz, dass wir das für uns wichtige Thema Nachhaltigkeit in einem entsprechenden Konzept gefasst haben. Genauso, dass wir als Maschinenhersteller jetzt Lösungen wie ORGANIX anbieten können.


hawo GmbH

Als familiengeführtes mittelständische Unternehmen entwickelt und produziert die hawo GmbH bereits seit 1975 Folienschweißgeräte und Verpackungssysteme.
Das Unternehmen beschäftigt ca. 80 Mitarbeitende und produziert ausschließlich in seinen beiden Werken in Obrigheim und Mosbach, beide in Baden-Württemberg.
International ist hawo u.a. durch Büros in Chicago und Singapur sowie durch ein breites Netz von qualifizierten Händlern und Vertriebspartnern vertreten.

Das hawo-Programm ist in vier Sparten gegliedert:
- Healthcare: Siegelgeräte und Zubehör für das Verschließen von siegelbaren Beuteln und Schläuchen in Kliniken, Arzt- und Zahnarztpraxen
- Life science: Verpackungssysteme für die medizinische Industrie und Reinraumtechnik
- Industry: Verpackungssysteme für die Industrie
- Textile: Systeme zur Verpackung in der Bekleidungsindustrie sowie für Reinigungen und Wäschereien

hawo ist einer der führenden Hersteller von Siegel- und Folienschweißgeräten weltweit, bei den Geräten für den Bereich Healthcare wurde das Familienunternehmen mit einem Marktanteil von mehr als 50% sogar als „Deutscher Weltmarktführer“ ausgezeichnet.
Nachhaltigkeit und Innovation vereint
Foto/Grafik: hawo
Christian Wolf Zur Person Christian Wolf studierte Produktionstechnik (Abschluss Dipl. Ing.) und Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Unternehmensführung (Abschluss Dipl. Betriebswirt) an der University of Applied Sciences in Köln. Er ist seit 1999 im Familienunternehmen tätig und wurde im Jahr 2006 Geschäftsführer der hawo GmbH. Christian Wolf ist in diversen Normenausschüssen, Verbänden und Gremien tätig.
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Foto/Grafik: hawo
Wolfram Krattinger verpackt ein Sakko mit Organix tex. Die neue Folie besteht aus einem weichmacherfreien, thermoplastischem Bio-Granulat und ist zu 100 Prozent im Heimkompost kompostierbar.
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hawo-Produktion im Werk Mosbach. Bis 2022 soll hier und am Standort Obrigheim weitestgehend plastikfrei gearbeitet werden.
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Wolfram Krattinger Zur Person Wolfram Krattinger ist seit über 20 Jahren bei hawo beschäftigt. Nach seinem Einstieg 1999 war er zunächst im Vertrieb für die Beratung von Kunden vor Ort sowie auf nationalen und internationalen Messen zuständig. Danach wechselte er zum Produktmanagement, wo er noch heute besonders gerne kundenspezifische Lösungen ausarbeitet. Wolfram Krattinger ist Ansprechpartner bei allen produktspezifischen Fragen und unterstützt Partner und Kunden jederzeit mit kompetentem Hintergrundwissen.
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Foto/Grafik: hawo
hawo ist Preisträger des ­German Innovation Award 2021. Der Award zeichnet branchen­übergreifend Produkte und Lösungen aus, die sich vor allem durch Nutzer­zentrierung und einen Mehrwert gegenüber bisherigen Lösungen unterscheiden.
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