05.05.2021
„Ein großer Schritt nach vorn für die Branche“
WRP: Büfa, Kreussler und Seitz hatten sich im vergangenen Jahr zusammengetan, um ein Desinfektionsmittel für Lösemittel in der Textilreinigung zu entwickeln. Nun ist es fertig. Was leistet es?
Dr. Ralf Döring: Zum ersten Mal in der Historie der Textilreinigungsbranche ist ein Desinfektionsreinigungsverfahren verfügbar, das in allen Reinigungsmaschinen in Verbindung mit einer vollwertigen Bad-Destillation und den Lösemitteln PER, KWL, Intense, Sensene oder SolvonK4 zum Einsatz kommen kann. Die Neuheit tötet Bakterien und Hefen problemlos ab, die auf einem Textil die Reinigung erreichen können, genauso werden behüllte Viren verlässlich inaktiviert. Ein unabhängiges Labor hat die Wirksamkeit gegen Bakterien nach EN 1276 und EN 13727, Hefen nach EN 1650 und EN 13624 sowie EN 14476 gegen zum Beispiel Vacciniavirus Ankara und andere behüllte Viren – unter anderem sogenannte Coronaviren – geprüft und bestätigt.
Dr. Alexander Rohde: Das Desinfektionsprodukt orientiert sich leistungsmäßig an einem sehr hohen europäischen beziehungsweise deutschen Maßstab. Die Standards für eine diesbezügliche Desinfektion sind in vielen Ländern dieser Welt sehr viel niedriger. Unser Desinfektionsprodukt ist eine sehr innovative Lösung, das macht uns schon ein bisschen stolz. Nicht nur weil es eine absolut wichtige Neuheit für diese Branche ist und die dafür notwendige Entwicklungszeit sehr kurz war, sondern das ganze als gemeinsame Forschungs- und Entwicklungskooperation der Firmen Büfa, Kreussler und Seitz realisiert wurde.
Dr. Manfred Seiter: Geprüft wurde die Wirksamkeit des neuen Verfahrens vom Hygieneinstitut HygCen Germany in Schwerin. Das Institut hat uns bestätigt, dass diese Lösung eine sehr gute Wirksamkeit nach den zuvor genannten EN-Normen erzielt. Dabei werden mit dem Verfahren bezüglich Desinfektionsleistung Reduktionsfaktoren im Bereich von größer fünf Zehnerpotenzen erreicht. Zum Vergleich: Die Werbung für Hygienespüler im Privathaushalt verspricht hier Ergebnisse von 99 Prozent, also von zwei Zehnerpotenzen. Da sind > 5 Logstufen eine ganz andere Nummer. Die von unserer gemeinsamen Formulierung erreichten Desinfektionsnormen sind die gleichen, die aktuell für die Aufarbeitung von Wäsche für Krankenhäuser gelten.
WRP: Was bedeutet die Neuheit für die Textilreinigungsbetriebe beziehungsweise für diese Branche?
Dr. Döring: Wir können den Betrieben in der Branche jetzt mikrobiologisch eine ganz andere Sicherheit geben, als es in der Vergangenheit möglich war. Bisher war eigentlich gar nicht so genau klar, was in der Reinigungsmaschine diesbezüglich passierte. Es gab auch keine sicher funktionierenden Produkte hinsichtlich Desinfektion. Mit der neuen Lösung wird eine Sicherheit geschaffen, dass in die Maschine eingetragene Keime zuverlässig reduziert werden. Und dieses Faktum können Textilreinigungen jetzt offensiv in ihrem Marketing einsetzen. Wenn sie es ausloben, dann ist dies nun rechtlich absolut einwandfrei. Dafür haben wir schon jetzt eine ausreichende Normensicherheit geschaffen. Das ist eigentlich der entscheidende Schritt, den wir jetzt geschafft haben.
Dr. Rohde: Im Wäschereibereich ist die Peressigsäure ein sehr potentes Desinfektionsmittel. Aber sie funktioniert eben nicht in der Textilreinigung. Hier schwimmen beispielsweise Organismen nicht frei im Lösemittel, sondern sie sitzen auf dem Textil. Aber wie kommt man an diese heran? Unsere Lösung schafft dies.
Dr. Seiter: Mit der neuen Lösung macht die Branche auf jeden Fall einen großen Schritt nach vorn. Im März 2020 kamen Aussagen bezüglich Desinfektionsleistungen in der Textilreinigung auf, die nach der Biozidverordnung fragwürdig waren. Aufgrund einer Literaturlage wurde die These aufgestellt, dass Lösemittel die Lipidhülle eines Organismus mit hoher Wahrscheinlichkeit durchdringen und diesen Organismus damit auch töten und somit eine Desinfektion der Textilien in der Reinigung möglich ist. Dank unserer Entwicklung gibt es jetzt eine geprüfte und offiziell bestätigte Lösung: Der Textilreiniger hat mit unserem Desinfektionsmittel und den bestandenen Normen die Möglichkeit, seinen Kunden eine klar definierte Desinfektion anzubieten.
WRP: Sie hatten schon erwähnt, dass es bisher keine sicher funktionierenden Verfahren bezüglich Desinfektion in der Branche gab. Was war der Anlass, diese Lösung zu entwickeln?
Dr. Seiter: Auch diese Branche stand im Frühjahr 2020 massiv unter dem Eindruck von Covid-19. Entsprechend intensiv wurde in dieser Zeit hier auch das Thema Desinfektion diskutiert. Also traten die Branchenverbände DTV und EFIT an uns Textilchemiehersteller mit der Bitte heran, eine geeignete Lösung zu entwickeln, um eine Desinfektion im organischen Lösemittel gewährleisten zu können.
WRP: Warum haben die beteiligten Firmen das neue Produkt gemeinsam entwickelt? Wann ist die Entwicklungskooperation gestartet?
Dr. Döring: Von Beginn an wurde eine gemeinsame Branchenlösung favorisiert. Das erste Gespräch zwischen den Firmen Büfa, Kreussler und Seitz fand im April 2020 statt, um unter anderem zu klären, ob eine solche Forschungs- und Entwicklungskooperation gewünscht und getragen werden würde. Schließlich ist es schon ein bisschen ungewöhnlich, wenn sich drei Mitbewerber zusammenfinden, um eine solche Lösung gemeinsam zu entwickeln. Es war auch von Anfang an klar, dass die Entwicklung und die Realisierung des Mittels nicht nur viel Arbeit bedeutet, sondern auch hohe Investitionen.
Dr. Seiter: Wir haben seit vielen Jahren eine Biozid-Rechtsprechung in Europa, die es der Branche extrem schwer macht, neue Biozid-Produkte auf den Markt zu bringen. Ein weiteres zentrales Argument für eine solche Kooperation sind die hohen Kosten, die eine solche Produktentwicklung bedeutet. Dieses Projekt ist zudem nicht von ROI-Zielen her aufgesetzt, sondern von der Absicht, eine Branchenantwort zusammen mit den Verbänden und unseren Kunden auf diese Herausforderung zu geben. Auch deshalb haben wir entschieden, wir machen es gemeinsam und teilen uns vor allem diese regulatorischen Kosten. Schon in der ersten Phase mit externen Prüfungen sind deutlich fünfstellige Beträge fällig geworden. Wenn man es ganz bis zum Ende denkt, sind es sogar sechsstellige Summen, die in die Hand genommen werden müssen.
Dabei war die Entwicklung dieses Projektes von Anfang an völlig offen. Wir wussten nicht, ob die Versuche klappen; wir wussten nicht, was passiert; wir wussten nicht, ob es die richtige Lösung ist und wieviel Geld überhaupt investiert werden muss. Es war für die drei beteiligten Firmen ein Risiko, das sie nur gemeinsam eingehen wollten und es dann auch taten.
Dr. Rohde: Ein weiteres wichtiges Argument für diese Kooperation ist natürlich auch, dass in der Entwicklungsphase gemeinsam viel mehr geleistet werden kann, als es ein einzelnes Unternehmen hätte schaffen können. Das hätte nur ein Drittel der Entwicklungskapazitäten, des Wissens und der Erfahrungen sowie der Manpower bedeutet. Nur mit diesem Kooperationsmodell war es überhaupt möglich, innerhalb von nicht mal einem Jahr ein solches Produkt zu entwickeln und sicher zu machen.
WRP: Gab es eine Aufgabenteilung zwischen den beteiligten Firmen?
Dr. Rohde: Tatsächlich haben wir vieles gemeinsam erarbeitet. Ganz am Anfang stand natürlich, die passenden Rohstoffe zu finden. Aber die EU Biozidverordnung schränkt hier die Möglichkeiten stark ein. Wir mussten uns aus einem Pool bedienen, der aus zugelassenen beziehungsweise in einem Genehmigungsverfahren befindlichen Wirkstoffen besteht. Weiter müssen diese Wirkstoffe auch für die spezielle Anwendung in der Textilpflege genehmigt sein. Und wir mussten prüfen: Welche Wirkstoffe haben welche Wirksamkeiten – sie sollten schließlich sicher Hefen, Bakterien, Viren, Pilze etc. bekämpfen –, was kann kombiniert werden und gibt es hier schon Erfahrungen usw.? Relativ schnell hat sich ein Trio Hauptwirkstoffe herauskristallisiert, mit ihnen haben wir weitergemacht.
Im Gegensatz zur Wäscherei haben wir das Problem, dass wir nicht mit hoher Temperatur arbeiten können. Das macht natürlich die Aufgabe der Chemie deutlich größer. Aufgrund der neuen alternativen brennbaren Lösemittel konnte man auch nicht auf die klassische Chemie aus der Wäscherei wie Peressigsäure oder Wasserstoffperoxid – sie sind brandfördernd – zurückgreifen. Wir mussten schon neu denken an dieser Stelle.
Dr. Seiter: Wir haben also von Anfang an nicht nur zusammengearbeitet, sondern auch gemeinsam die Grundformulierungen erstellt. Wenn die Tests negativ waren oder eine Wirksamkeit verfehlt wurde, haben wir umformuliert. Schnell wurde uns auch klar, dass in der Maschine die Desinfektion im ersten Bad stattfinden muss, um eine sichere Entfernung des Produkts gewährleisten zu können. Schließlich sollte das Produkt nicht im Kreislauf zirkulieren. Normalerweise wird im ersten Bad am meisten Schmutz abgereinigt. Aber weil wir Obergarderobe und nicht Arbeitskleidung desinfizieren möchten, stellte das erst einmal kein Problem dar. Mit der Entscheidung auf das erste Bad gab es aber ein Zeitlimit: Mehr als drei bis fünf Minuten sollte die Desinfektionsphase deshalb nicht dauern. Weitere Faktoren wie zum Beispiel die Norm EN 3175 – sie schreibt eine Lösemitteltemperatur von 30°C plus/minus 2°C vor – schränkten unseren Handlungsspielraum weiter ein. Wenn man in der Lösemittelwelt denkt, ist vieles vorgegeben.
Dr. Döring: Wir kennen uns seit vielen Jahren und haben in der Vergangenheit unter anderem in der Normungs- und Verbandsarbeit zusammengearbeitet. Da wir jetzt ein gemeinsames Ziel hatten, konnten wir sehr konstruktiv tätig sein. Wobei man auch feststellen kann: Zusammen bringen wir rund 60, 70 Jahre Berufserfahrung mit – auch das ist natürlich sehr hilfreich für ein solches Projekt.
WRP: Während des Entwicklungsprozesses sind die Maschinenhersteller Multimatic und Böwe mit ins Boot gekommen. In welcher Phase war das und welche Aufgabe übernahmen sie?
Dr. Rohde: Wir hatten bis dahin Verfahrensparameter definiert, die in der Testung von den Hygieneinstituten bewiesen wurden. Wir wussten, dass je nach Testkeim bis zu 4 ml Produkt pro Liter Lösemittel benötigt werden, um ein sicheres Resultat bezüglich Desinfektion zu erreichen. Weiter ist bei Raumtemperatur eine Desinfektionszeitdauer von 5 Minuten gegeben.
Was uns aber fehlte: Wie reagiert ein Textil in der Reinigungsmaschine mit unserem Desinfektionsverfahren? Was macht die Technik usw.? Zusammen mit den Firmen Böwe und Multimatic haben wir unsere Verfahrensparameter und die Ergebnisse der Hygieneinstitute auf ihre Lösemittelmaschinen transferiert, um zu schauen: Was passiert mit den Textilien in der Maschine? Wie reagieren andere Testmaterialien? Gibt es mehr Vergrauung, verändert sich das Krumpfverhalten? Welche Möglichkeiten gibt es hinsichtlich Prozessführung? Wie muss das Know-how in den Firmen selbst umgesetzt werden, damit die Verfahren in der Praxis auch programmiert werden können? Das waren einige der Fragen, auf die wir in Zusammenarbeit mit den Maschinenherstellern Antworten suchten und auch fanden.
Dr. Döring: Was sich hier auch klar zeigte: Unser Desinfektionsreinigungsverfahren funktioniert nicht auf einer destillationsfreien Maschine. Wir brauchen die Technik der Destillation, um das Produkt sicher anzuwenden. Für eine gleichmäßige Durchflutung der Ware ist das Badverfahren notwendig. Nur dann ist gewährleistet, dass während der Einwirkzeit immer genügend Produkt am Textil vorhanden ist. Und man muss natürlich das Produkt aus dem Textil und aus der Maschine entfernen können. Schließlich sollen im nächsten Bad wieder klare und saubere Verhältnisse herrschen. Und das bedeutet in diesem Fall, das Lösemittel zu destillieren. Aber jede Maschine ist ein bisschen anders gebaut, jede Destillation und jede Trocknung verhält sich unterschiedlich. Deshalb freuen wir uns auch auf das Feedback aus den Betrieben, die mit dem neuen Desinfektionsreinigungsverfahren schon arbeiten. Wir möchten uns an dieser Stelle bei Böwe und Multimatic bedanken, die uns sehr bereitwillig nicht nur ihre Technik zur Verfügung gestellt, sondern uns auch mit Personal und Know-how begleitet haben.
Dr. Seiter: Ein weiterer Vorteil für uns in der Zusammenarbeit mit den Maschinenherstellern liegt auch darin, dass wir mit verschiedenen Maschinenmarken und Lösemitteln gleichzeitig testen und in kurzer Zeit viele Ergebnisse generieren konnten. Es ist immer sehr hilfreich, wenn der Maschinenbau seine Türen für uns öffnet. So war es auch diesmal.
WRP: Sie hatten bereits erwähnt, dass das neue Desinfektionsreinigungsverfahren in Textilreinigungsmaschinen in Verbindung mit einer vollwertigen Bad-Destillation eingesetzt werden kann. Gibt es weitere Anforderungen an die Technik?
Dr. Rohde: Weil das Desinfektionsprodukt ins erste Bad geht und im Regelfall ein zusätzlicher Reinigungsverstärker im zweiten Bad empfohlen wird, sind in der Reinigungsmaschine eigentlich zwei Pumpen nötig, um beide Produkte sicher dosieren zu können. Das ist unser Rat und das empfehlen auch die Maschinenhersteller. Über den Nadelfänger ist eine Zugabe weniger kontrolliert. Außerdem ist hier auch nicht sichergestellt, dass zur richtigen Zeit die richtige Menge Produkt aufs Textil gebracht werden kann. Über Dosierpumpen ist dies deutlich sicherer.
Dr. Döring: Es muss beim Einsatz eines Biozids einfach gewährleistet sein, dass in jedem Verfahren die richtige Dosiermenge zum Einsatz kommt. Das ist gewährleistet durch ein automatisches Verfahren mittels Dosierpumpe.
Dr. Seiter: In der Praxis wird es so sein, dass der Textilreiniger auf der Maschine ein spezielles Desinfektionsprogramm hinterlegt. Schließlich möchten die Betriebe zukünftig wahrscheinlich nicht alle Teile der Kunden desinfizierend reinigen. Und wenn man ein spezielles Desinfektionsprogramm einrichtet, dann ist aus meiner Sicht nur konsequent, eine zweite Dosierpumpe zu installieren. Dies bedeutet eine überschaubare Investition. Es sind schon erste Angebote im Markt, in denen Pumpe und Installation als Kit angeboten werden.
Dr. Rohde: Wichtig ist noch zu erwähnen, dass das Desinfektionsprodukt in Silikonlösemitteln – diese sind hin und wieder noch im Markt zu finden – nicht angewendet werden kann. Das Produkt löst sich hier nicht ausreichend.
WRP: Büfa, Kreussler und Seitz offerieren die gemeinsam entwickelte Desinfektionslösung jetzt als jeweils eigenes Produkt im Markt. Wie ist die Resonanz auf die Neuheiten?
Dr. Rohde: Das Interesse ist sehr groß. Es gibt einen hohen Gesprächsbedarf, unsere Neuheit ist ganz sicher ein sehr erklärungsbedürftiges Produkt. Viele Kunden wollen zum Beispiel wissen, was ist das wirklich Neue an dieser Lösung? Oder es wird diskutiert, ob solch hochbelastete Textilien überhaupt beziehungsweise regelmäßig die Textilreinigung erreichen und ob deshalb eine desinfizierende Behandlung angezeigt ist? Aber diese Zeit der Pandemie ist sehr besonders. Heute ist es deshalb noch wichtiger: Wenn die Dienstleistungen der Textilreinigung höchsten Qualitätsansprüchen genügen sollen, dann sollte es selbstverständlich sein, dass dieser Service ein sicheres und hygienisch perfektes Ergebnis liefert. Und wenn eine Textilreinigung Hygiene und Desinfektion offensiv im Marketing einsetzt, dann sollte sie es auch belegen können. Und das ist mit unseren neuen Produkten jetzt möglich.
Aus den Betrieben, die das Produkt schon einsetzen, erreichen uns durchweg sehr positive Reaktionen. Eine Reinigung hat sogar berichtet, dass sie mit dem Desinfektionsverfahren jetzt auch ein besseres Reinigungsergebnis erreicht. Das ist jetzt nicht die eigentliche Intention des neuen Produktes, aber ist natürlich trotzdem positiv.
Dr. Döring: Ich kann die Ausführungen von Dr. Rohde nur bestätigen. Die telefonischen Kundenanfragen sind gewaltig. Eigentlich jedes Gespräch mit unserem Außendienst hat das Desinfektionsprodukt zum Thema. Das gilt genauso für die Anfragen, die uns direkt aus den Betrieben erreichen. Es gibt unter unseren Kunden schon eine Reihe von Betrieben, die mit dem Desinfektionsverfahren seit einigen Wochen erfolgreich arbeiten. Von ihnen sind die Feedbacks immer sehr positiv. Sie berichten unter anderem auch, dass die Gerüche auf der Ware reduziert sind.
Dass sich das Interesse am Desinfektionsverfahren sofort in riesigen Verkaufszahlen niederschlägt – das haben wir gar nicht erwartet. Dies wird eine gewisse Zeit dauern. Denn wir müssen in den Betrieben auch ein Umdenken erreichen, damit hier das Thema Hygiene zu jeder Zeit in allen Prozessen gedacht wird und selbstverständlich ist.
Dr. Seiter: Auch wir stellen ein großes Interesse an unserem neuen Produkt fest. Das gilt national, aber vor allem auch in den internationalen Märkten. Das neue Biozid ist in einigen Ländern angemeldet, jetzt priorisieren wir Märkte, in denen eine Zulassung relativ unkompliziert ist. Es ist eine komplexe und langwierige Aufgabe. Wenn wir Europa betrachten, bedeutet dies im Zweifelsfall 27 Einzelbetrachtungen.
WRP: Das Produkt beziehungsweise die Produkte sind jetzt fertig, sie funktionieren und sind im Markt. Welche weiteren Schritte sind jetzt notwendig beziehungsweise müssen geplant werden? Was wünschen sich diesbezüglich die Firmen Büfa, Kreussler und Seitz?
Dr. Rohde: Es gibt im Bereich der Lösemittelreinigung bis heute keine Standards und Normen zur Desinfektion. Es gibt deshalb keine sichere Testung, um zu sehen, dass eine Keimabtötung im organischen Lösemittel in der Textilreinigung belegt bzw. belegbar ist. Hier ist wieder offensichtlich, dass diese Branche in der Vergangenheit bei der Normierung einfach vergessen wurde. Die gesamte Welt denkt nur in Wasser, keiner im Lösemittel. Und das macht die Entwicklung von Produkten für den Einsatz im Lösemittel noch mal schwieriger.
Trotzdem müssen wir jetzt im nächsten Schritt die Normierung anpassen. Das ist wichtig, um auch in Zukunft diese Produkte weiter vermarkten zu dürfen. Wir müssen die Normenwelt auf die Anwendung im Lösemittel erweitern. Nur so können wir die Anforderung an die europäische Biozidverordnung auch zukünftig sicher erfüllen.
Uns ist wichtig, dass dieser und weitere Schritte nicht nur von den drei Firmen gesehen, sondern als gemeinsame Aufgabe der Branche betrachtet wird. Sie beschäftigt sich in ihrer Gesamtheit mit Prozessen, an denen am Ende Kleidungsstücke hygienisch einwandfrei wieder an die Kunden ausgeliefert werden sollen.
Dr. Döring: Um eine Normenwelt auch im Lösemittel zu erreichen, braucht es unter anderem die Unterstützung nationaler und internationaler Branchenverbände. Es muss an den richtigen Stellen Lobbyarbeit gemacht werden. Es geht um die Anerkennung von Normen, aber auch um einfache beschleunigte Verfahren. Ich denke, dazu sind die Behörden auf nationaler und auch internationaler Ebene jetzt eher bereit. Wie es zum Beispiel bei den Impfstoffen möglich war. Kein aktueller Impfstoff am Markt hat eine komplette Vollzulassung. Wir haben es auch in Zusammenhang mit Desinfektionsprodukten erlebt im ersten Lockdown, dass hier Verfahren einfach durchgewunken wurden, die in normalen Zeiten Jahre benötigen würden.
Sicherlich wäre es für die notwendige Lobbyarbeit sehr hilfreich, wenn sich die Verbände – in Deutschland und auf europäischer Ebene – zusammentun und ein entsprechendes Sprachrohr bilden. Wenn wir als Firma Seitz an eine Behörde herantreten, schwingt immer ein kommerzieller Aspekt mit. Wenn ein Verband herantritt und einen Bedarf formuliert, dann hat das einen ganz anderen Wirkungsgrad. Wenn wir etwas Neues wie das Desinfektionsprodukt in den europäischen Markt bringen möchten, dann brauchen wir einfach eine möglichst hohe Akzeptanz. Und auch das Wissen bei den Behörden und Institutionen, dass so etwas im Markt notwendig ist und auch gefordert wird.
Dr. Seiter: Wir brauchen den Sprung zu einer Norm, die im Lösemittel kreiert wird. Und es sind schon erste Gespräche initiiert, um das neue Verfahren an europäische und weltweite Normen anzupassen. Wenn wir dann an dieser Stelle entscheidend weitergekommen sind und erste Beweise vorliegen, dann ist es auch für die Verbände wesentlich einfacher, für die Branche in die Bresche zu springen und gemeinsam an den Normen zu arbeiten. Und wenn man eine europäische Lösung hätte, dann hat man ein gutes Argument für einen weltweit gültigen Iso-Standard.
Die neuen Desinfektionsmittel in der Übersicht
Büfa, Kreussler und Seitz haben die Erforschung der Wirkstoffkombination zusammen verfolgt. Aber jedes Unternehmen ist danach für Weiterentwicklung, Vermarktung und Vertrieb des Produktes selbst verantwortlich.
Die Lösungen der Firmen heißen:
- Büfa Diasol ist für den Einsatz in den Lösemitteln PER, KWL, Sensene, Intense und Solvon K4 entwickelt werden. Das Desinfektionsmittel wirkt nach Auskunft von Büfa auch bei Coronaviren.
- Cinta Sept (Kreussler Textile Care) kann für die Lösemittel Solvon K4, Perchlorethylene, Kohlenwasserstoffe (KWL), Intense und Sensene eingesetzt werden. Nach Aussage des Unternehmens lassen sich durch die Zugabe von Cinta Sept Textilien schnell und faserschonend von behüllten Viren wie SARS-CoV-2 und seinen Mutanten, Bakterien und Hefepilzen befreien.
- Desolan ViBac (Seitz) ist laut Unternehmen für alle Lösemittel geeignet und wird im Badverfahren gemeinsam mit einem Reinigungsverstärker eingesetzt. Desolan ViBac ist wirksam gegen SARS-CoV-2 inklusive Mutanten und andere behüllte Viren sowie Bakterien und Hefen.
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