22.05.2025
Ringen um Ausbildung bleibt schwierig
Die Zahl der angehenden Textilreiniger geht seit Jahren zurück. Dabei suchen viele Unternehmen aus der Textilpflege fachkundige Verstärkung. Warum es trotzdem so schwierig ist, offene Ausbildungsstellen zu besetzen, und wie viele angehende Textilreiniger es noch gibt, haben wir Berufsschulen gefragt, die noch entsprechende Lernangebote unterhalten.
Eine der verbliebenen Einrichtungen, an denen der schulische Teil der Ausbildung zum Textilreiniger weiterhin angeboten wird, ist die Anna-Siemsen-Schule in Hannover. Laut Ursula Dreyer, Abteilungsleiterin Textiltechnik und Bekleidung, sind dort zurzeit 17 Lehrlinge im Beruf eingeschrieben. Davon befinden sich 3 im 3., 3 weitere im 2. und 11 Personen im 1. Lehrjahr. Für das nächste Jahr wirbt Dreyer bei Firmen für neue Lehrlinge.
„Ausbildung ist eine Form von Respekt“
„Ich denke, es wichtig ist, dass die Betriebe die Ausbildung Textilreiniger als einen Teil der Qualifizierung ihrer Mitarbeiter sehen“, findet Dreyer. „Durch die Ausbildung können insbesondere Arbeitskräfte ohne Deutsch als Muttersprache qualifiziert werden, die dann im Betrieb ihr Wissen in ihrer Sprache weitergeben. Wenn Mitarbeitenden die Chance gegeben wird, sich zu qualifizieren, ist dieses eine Form von Wertschätzung und Respekt den Mitarbeitenden gegenüber.“ Betriebe sollten zumindest zwei Arbeitskräfte ausbilden, um so die Motivation ihrer Angestellten zu stärken.
Angesprochen auf die Frage, warum es so wenige Lehrlinge zum Textilreiniger gibt, antwortet Dreyer: „Der Beruf muss in der Öffentlichkeit einen Imagewandel erfahren. Das heißt weg von ,schmutzige Wäsche anderer waschen’ zu einem systemrelevanten, respektierten Teil unseres Lebens. Hier spielt insbesondere auch die Nachhaltigkeit dieser Branche eine besondere Rolle.“
Dreyer ergänzt: „Der Beruf des/der Textilreiniger/in ist für die gesamte Branche, dazu zähle ich auch die Maschinenhersteller, Chemikalienhersteller sowie alle anderen Zulieferer, unabdingbar. Nur wenn die Kenntnisse über die Abläufe und Wäsche vorhanden sind, können alle passgenau agieren. Zudem ist die Textilpflege systemrelevant und aus unserer Gesellschaft nicht wegzudenken.“
Ausbildung in Köln läuft aus
Bereits letztes Jahr war das Ende des Ausbildungsangebotes am Berufskolleg Humboldtstraße in Köln beschlossen. Zu wenig neue Lehrlinge hatten sich angemeldet. „Zurzeit haben wir noch vier Auszubildende in der Oberstufe, mit deren Abschluss im Juli läuft die Ausbildung an unserer Schule aus“, sagt Claudia Goepfert, Abteilungsleiterin Textiltechnik und Bekleidung der Einrichtung.
Mangelnde Bewerberzahlen sind für sie nicht auf Textilreiniger beschränkt. „Natürlich fehlen auch in anderen Ausbildungsberufen Auszubildende: im Gesundheitsbereich, Iim Handwerk, aber auch für Verwaltungsberufe.“ Umgekehrt sei es bei Maßschneidern, wo viele Bewerber auf wenige Ausbildungsplätze kämen.
„Als Berufsschullehrerin beurteile ich die Duale Ausbildung grundsätzlich als ein Erfolgsmodell. Aber in Zeiten von Fachkräftemangel haben wir einen Arbeitnehmermarkt, der Präferenzen von jungen Leuten berücksichtigen muss. Da ist es zwangsläufig schwerer, Berufe mit einem nicht so angesagten Image mit Auszubildenden zu besetzen“, ergänzt Goepfert. Und ergänzt: „Textilpflege im speziellen wird es immer geben.“
Ausbilder beraten sich in Neumünster
Die Theodor-Litt-Schule in Neumünster bietet weiterhin die Ausbildung an. Nach den letzten Sommerferien begannen dort sechs neue Lehrlinge als Textilreiniger. Aus anderen Jahrgängen sind drei Auszubildende übrig. Daher trafen sich Vertreter von örtlichen Unternehmen, der Kreishandwerkerschaft, der IHK und Schullehrer, um über die sinkenden Schülerzahlen zu sprechen.
Eine Idee: Jugendliche sollen gezielt auf den Beruf hingewiesen werden. Auch der neue Bildungsgang „Ausbildungsvorbereitung Textilmanagement“ zielt darauf ab. Ein Jahr lang lernen Teilnehmer Fakten zu Textilien und Wirtschaftsfragen. Und Praktika bei Betrieben sollen realistische Einblicke in die Branche ermöglichen.
Keine neue Klasse in Erfurt
An der Andreas-Gordon-Schule in Erfurt wurden bis 2014 angehende Textilreiniger unterrichtet. Seither gibt es dort keine Klasse mehr für diese Ausbildung. „Ursache für die Schließung war letztendlich das Ausbleiben von Anmeldungen für den Berufsschulunterricht“, erklärt Schulleiter Karsten Pohlemann. „Die Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen und die Bewerberzahlen waren stark rückläufig.“
Seit 2019 versuchen die Schule, die Landesinnung Textilreiniger und der Ostdeutsche Textilreinigungs-Verband, wieder eine neue Klasse zu schaffen. „In diesem Kontext gab es auch gemeinsame Besprechungen im zuständigen Ministerium, mit dem Ziel, die Ausbildung der Textilreiniger wieder am Standort Erfurt abzubilden. Die Schule ist weiterhin bereit, die Ausbildung wieder zu etablieren. Sowohl personell als auch bezüglich der Ausstattung wäre dies gegeben.“ Dafür stehe auch ein Textilreinigerlabor zur Verfügung.
Knackpunkt des Wunsches des Erfurter Schulleiters bleibt die Schülerzahl. Das zuständige Ministerium in Thüringen setzt eine Untergrenze von 15 Schülern für Berufsschulklassen an. Die wird bislang nicht erreicht. Lehrlinge aus dem Bundesland müssen daher nach Frankfurt am Main ausweichen - das gut 265 Kilometer von Erfurt entfernt liegt.
Zahlen vom DTV
Naturgemäß hat der deutsche Textilreinigungs-Verband DTV als Branchenorganisation einen guten Gesamtüberblick über die Zahl der Lehrlinge zum Textilreiniger. Für 2023 registrierte er noch 137 davon. Davon arbeiteten 83 im Handwerk und 54 in der Industrie. 2020 waren es mit 138 kaum mehr.
Der Verband erklärt: „Viele Jugendliche wissen gar nicht, was der Beruf Textilreiniger genau umfasst. Während Handwerksberufe wie Kfz-Mechatroniker oder Tischler bekannt sind, wird Textilpflege oft übersehen.“ Aufgrund von Vorurteilen gelte der Beruf zudem häufig als langweilig und monoton.
„Durch den allgemeinen Fachkräftemangel haben Jugendliche zudem eine größere Auswahl und wählen lieber Branchen mit besseren Arbeitsbedingungen. Arbeiten bei hoher Temperatur und Feuchtigkeit sind nicht für jeden angenehm.“ Dafür seien ausgebildete Textilreiniger gegenüber vielen Quereinsteigern besser qualifiziert, was Beförderungen in Führungspositionen begünstige. Das wüssten viele potenzielle Bewerber jedoch nicht.
„Ausbildungsberuf hat in Zukunft wieder mehr Relevanz“
Der DTV will die Betriebe beim Werben um Arbeitskräfte unterstützen. Dazu bietet der Verband Info- und Werbematerial an. Er knüpft zudem über die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit Kontakte ins Ausland, um dort Arbeitskräfte für die Ausbildung zu gewinnen. An einer Neubenennung der Ausbildung und einer neuen Ausbildungsordnung arbeitet der Verband seit einiger Zeit, ist dafür jedoch auf die Mitarbeit der Sozialpartner - wie Gewerkschaften - und des Bundesinstituts für berufliche Bildung angewiesen.
Abschließend erklärt der Verband: „Wir sind der Überzeugung, dass gerade vor dem Hintergrund, dass langlebige und kreislauffähige Produkte sowohl von Politik als auch Konsumenten verstärkt nachgefragt werden, auch der Ausbildungsberuf Textilreiniger in Zukunft wieder mehr Relevanz hat. Denn für die werterhaltende Pflege braucht es ausgebildete Textilreiniger.“ In Ausbildungsberufen mit wenigen Bewerbern müsse die Politik starre Regeln für Mindestklassengrößen in den Berufsschulen abschaffen.
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